Krankengymnastik für Kinder
Therapie nach dem Castillo Morales®-Konzept

Hierbei handelt es sich um ein umfassendes neurophysiologisch orientiertes Therapiekonzept für Kinder (u. Erwachsene) mit kommunikativen sensomotorischen und orofazialen (d. h. Gesicht und Mund betreffende) Störungen.

 

Woher kommt der Name?
Dr. Rodolfo Castillo Morales ist in Argentinien geboren und aufgewachsen. Er beschäftigte sich viel mit dem Leben der Eingeborenen Lateinamerikas, mit denen er lange zusammenlebte. Somit beruht die Grundlage des Konzeptes auf der Anthropologie der Ureinwohner Lateinamerikas, z. B. im Hinblick auf die Natur, als auch auf die Beziehung und Kommunikation der Menschen untereinander und der Erziehung der Kinder. 
Rodolfo Castillo Morales studierte Medizin. 1968 beendete er die Ausbildung zum Rehabilitationsarzt in Madrid/Spanien.
Über 30 Jahren leitete er in Cordoba/ Argentinien das Rehabilitationszentrum "Centro Modelo de Reeducation" für Kinder und Erwachsene.
Seit 1979 Vermittlung seines Konzepts in Deutschland und Europa.

Rodolfo Castillo Morales starb am 1. Oktober 2011.

 

Grundlagen
Die Therapie orientiert sich an der normalen sensomotorischen Entwicklung des Kindes. Sie setzt exaktes Wissen über die verschiedenen Muskelfunktionen, die muskulären Verläufe und Muskelketten nicht nur im Gesicht und Mundbereich sondern im ganzen Körper, die Entwicklung der physiologischen Funktionen des orofazialen Komplexes und die Wechselwirkung dieser Systeme voraus. 
Eine Behandlung im orofazialen Bereich ist nur sinnvoll, wenn die Stabilisierung der Haltung berücksichtigt wird. Eine gute Aufrichtung im Rumpf mit stabiler Kopfkontrolle ist die Voraussetzung für eine Erfolg versprechende orofaziale Behandlung. 

Training der visuellen Wahrnehmung mit kontrastreichem Spielzeug
Castillo Morales®-Hufeisenkissen
Vertikalisation mit Hilfe des Castillo Morales® - Hufeisenkissens
Castillo Morales®-Hufeisenkissen

Die emotionale und kommunikative Entwicklung des Kindes in seinem sozialen Umfeld sind von großer Bedeutung. Die Eltern werden in die Therapie mit einbezogen und ihren Kompetenzen gestärkt. Oft findet die Therapie am Körper der Eltern statt.
Dem Kind wird zugetraut, dass es etwas kann. Vertrauen wird geschenkt in die Möglichkeiten des Patienten. Die Therapie ruht auf gegenseitigem Respekt, die Therapeutin begibt sich auf Augenhöhe des Kindes!

 

Funktionelle Diagnostik
Um den Patienten kennen zu lernen findet eine ganzheitliche Beobachtung des Patienten in seiner Umgebung unabhängig von seiner Diagnose statt. Dabei werden die Kommunikationszeichen berücksichtigt, eine funktionelle Diagnostik erstellt, den Eltern zugehört, Wünsche und Therapieziele mit den Patienten und den Bezugspersonen besprochen und immer wieder überprüft. Die funktionelle Diagnostik ist kein abgeschlossener Prozess, sondern ständig therapiebegleitend.

 

Therapie
Behandlungstechniken wie Zug, Druck und Vibration vermitteln propriozeptive Erfahrungen und werden zur Stabilisation von Haltung und Bewegung genutzt. Dabei spielen die distalen Impulse eine große Rolle. Es wird ständig an dem Spüren der Körperdiagonalen gearbeitet. Funktionelle Asymmetrien ermöglichen dem Patienten eine bessere Aufrichtung des Körpers und somit eine bessere Funktion des Kauens und Schluckens. Es wird intensiv an der Stützfunktion der Füße gearbeitet, die Kinder werden so früh wie möglich vertikalisiert, am bestem am Körper der Eltern. Weil die orofazialen Funktionen eine Korrelation haben zu ganzkörperlichen Bewegungen gehen Übungen an grobmotorischen Funktionen und Bewegungsübergängen den Übungen im Gesicht und Mundbereich voraus. Intraorale Übungen gehören zum Konzept, werden aber durch extraorale Übungen ergänzt und manchmal sogar ersetzt.

Physiotherapie für Kinder: Haltung funktionale Asymmetrie zur Aktivierung der Diagonalen Muskelketten beim Sitz im Variostühlchen
Halber Schneidersitz im Variostühlchen
Stützfunktion der Hände und Füße im Castillo Morales®-Konzept
Stützaktivität der Füße bei Vertikalisation

 

Wann wird das Konzept angewandt?
Das Konzept wird bei Kindern mit verschiedensten sensomotorischen Störungen im Bereich des Gesichtes, Mundes und Rachens angewandt, z.B. bei

  • Muskulärer Hypotonie, z. B...Kindern mit Down Syndrom, Prader Willi Syndrom, andere Syndrome
  • Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
  • Kindern mit Pierre-Robin-Sequenz,
  • Kindern mit Moebius-Syndrom

Patienten mit neurologischen Erkrankungen im orofazialen Bereich, z.B.: Neuromuskuläre Erkrankungen, Zerebralparesen, Fazialisparese, nach Schädel-Hirn-Trauma

Motorische Ruhe im Castillo Morales® - Konzept
Mundschluss üben!
Vibration und Stimulation als propriozeptive Information im Castillo Morales®-Konzept
Mundschluss

 

Behandlungsziele

  • Kommunikationsmöglichkeiten verbessern (nonverbal und verbal)
  • Verbessern der orofazialen Funktionen: Saugen, Trinken, Schlucken, Kauen, Mimik…
  • Verbessern der Sensomotorischen Entwicklung: Tonusregulation, aktive Vertikalisation, zielgerichtete (Fort-) Bewegung, Integration der Sinne (Wahrnehmung)
  • Essen und Trinken als genussvolles, möglichst selbständiges Erlebnis
  • Verbesserung von Aufmerksamkeit, Motivation, Ausprobieren und Offenheit

 

Humor. Hartes Beißen und Krach im Kopf als Aufmerksamkeitstraining